Die Berliner Mühlen
In der Vorzeit der Besiedelung unseres Gebietes eigneten sich die Menschen als Jäger, Sammler durch eine Sammelwirtschaft die zum Leben notwendigen Nährstoffe an, ohne stärker auf die Natur einzuwirken. Für den Übergang zur produzierenden Wirtschaftsform, also der Haltung von Haustieren, schuf wiederum eine Kultur des Ackerbaues die Voraussetzungen. Damit entstanden die ersten Dörfer. Der wohl älteste Hinweis auf eine Ackerbaukultur in unserer Region fand sich in Berlin- Neukölln (Trichterbecherkultur, 3000 v. Chr.). Man hatte damals Spelzweizen, Emmer und Nacktgerste angebaut und mit Quetschmühlen verarbeitet.
Bei den Grabungen vor dem Aufbau von Marzahn wurde am heute zugeschütteten Rohrpfuhl erstmals eine komplette Quetschmühle aus der vorrömischen Eisenzeit geborgen. Die Drehmühlen in der Zeit der Völkerwanderung (5-6. Jhd.) konnten bei Grabungen in Marzahn am Rohrpfuhl, im Elsengrund in Mahlsdorf, im Wuhletal und am Kaulsdorfer See nachgewiesen werden. Erst seit der damaligen Einführung der Drehmühle mit planer Mahlbahn handelt es sich um eine das Korn zerschneidende Müllerei. Aus der Handmühle sollte sich später der moderne, heute noch üblich Mahlgang entwickeln.
Die Bedeutung der Mühlen im Leben der Menschen wird auch durch die Verwendung von Mahlsteintrögen als Weihwasserbecken in Kirchen sichtbar (z. B. am Kirchturm von Miersdorf b. Zeuthen). In Berlin kamen auf den Festungen und in Arbeitshäusern die Trittmühlen sehr in Gebrauch. Historisch bekannt war das Arbeitshaus, der „Ochsenkopf“ am Alexanderplatz. Um 1735 befand sich in der Festung Spandau eine Tiermahlmühle.
Die Entwicklung der Mühlen in den Dörfern im heutigen Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf kann nicht ohne den Blick zum nahen Berlin betrachtet werden, befand sich doch dort schon vor der Gründung (1325) der Doppelstadt Berlin-Neukölln der Mühlendamm mit den Königlichen Mühlen, auf denen z. B. die Bauern aus Marzahn (bis 1712) mahlen lassen mussten. Die Kaulsdorfer Bauern waren zur Heidemühle in Köpenick mahlpflichtig. Der weite, beschwerliche Weg veranlasste die Bauern sehr oft zur Umgehung dieser Pflichtverhältnisse. Indessen entwickelte sich die Müllerei mehr und mehr zur maschinellen Produktion. Das Interesse am Verbleib der zahlenden Mahlkunden verhinderte den schon von den Pfälzer Kolonisten im Jahre 1765 angestrebten Bau einer Bockwindmühle in Marzahn, ebenso wie in Kaulsdorf um 1805. Erst mit der Einführung der Gewerbefreiheit in Preußen im Jahre 1810 konnten Mühlen nunmehr frei von zünftigen oder sonstigen Beschränkungen errichtet werden.
Mit der verstärkt um 1850 einsetzenden Industrialisierung in den deutschen Staaten und der breiten Einführung der Dampfmaschine entstanden in der rasch wachsenden Großstadt Berlin mehrere Dampfmühlen. Durch die verhältnismäßig langsame Ausdehnung Berlins in Richtung Osten wurde die Infrastruktur hier nicht so stark entwickelt. Im Schutze dieser Abgeschiedenheit ging die erste Welle des großen Mühlensterbens ab 1880/ 90 an den Dörfern weitgehend vorüber. Kennzeichnend für die dennoch vorhandenen Existenzschwierigkeiten sind die häufigen Besitzerwechsel. Durch Modernisierung (z. B. Hirschel in Marzahn, 1894) konnte man mit der Zeit noch Schritt halten, Mühlenumsetzungen wegen Landbedarf gab es nur einmal (1897/ 98 in Mahlsdorf).
Herausragend in der hiesigen Mühlengeschichte wurden die Versuche zur modernen Windkraftnutzung durch den Windmüller Maximilian Georg Triller ab 1912 in Marzahn. Hier war man auf der Höhe der Zeit, mit dem Bau des 2. Windkraftwerkes durch Sohn Richard (in Betrieb ab 1942) sogar voraus. Im Rahmen der allgemeinen Hinwendung zu fossilen Energiequellen nach dem 2. Weltkrieg und der deutschen Teilung war eine Fortsetzung dieser Entwicklung hier nicht mehr möglich. Das Produktionsvolumen an Mehl und Futtermitteln für die Dörfer wurde ohne Mühe von den nahe gelegenen größeren Betrieben wie Lindenberger Mühle, Osthafenmühle, Köpenicker Mühle preiswert geleistet und mit moderner Infrastruktur nach Bedarf geliefert. Nur in Marzahn entstand nach jahrelangem Tauziehen eine neue Bockwindmühle, weil hier die gesellschaftliche und für Berlin wohl einmalig bleibende Zielstellung bestand, einer neuen Stadt das namensgebende Dorf als historisches Zentrum und Bildungsstätte zu erhalten.
Historische Mühlenlandschaften im Bezirk Marzahn- Hellersdorf
1. Mahlsdorfer Mühle 1539- 1897
2. Mahlsdorfer Mühle 1898- 1937
Hellersdorfer Mühle 1375- 1416
Biesdorfer Mühle 1375- 1917
Kaulsdorfer Mühle 1818- 1931